Ein Moratorium für Lützerath

Ein Moratorium für Lützerath

Noch keine zwei Wochen sind vergangen seit der Demo in Lützerath. In den Medien werden hauptsächlich die gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Polizei und den Demonstrierenden thematisiert. Hässliche Szenen sind zu sehen, Verletzungen gab es ganz offensichtlich auf beiden Seiten.

In den Medien wird auch gesagt, die Polizei habe in Lützerath „geltendes Recht“ verteidigt und meint die Rechte von RWE. Aber laut des Urteils des Bundesverfassungsgerichtes hat auch die junge Generation ein Recht auf Zukunft und den dafür notwendigen Klimaschutz. Wer verteidigt dieses Recht?

Wer den Fokus immer nur auf die Gewalt, die Auseinandersetzungen und den bestehenden Konflikt lenkt, hilft uns allen kein Stück weiter. Weder der einen noch der anderen „Seite“. Es gibt keine „Seite“. Es gibt nur uns Menschen.

Wie wir alle miteinander umgehen, wird einen entscheidenden Einfluss darauf haben, ob Gewalt in der Klima-Debatte eine immer größere Rolle spielen wird oder ob die gemeinsame Suche nach Lösungen Oberhand gewinnt. Ich wünsche mir sehr, dass es moderierte Gespräche geben wird, die konstruktive Pläne zum Ziel haben.

Wo finden diese Gespräche statt? Wo sind die gemeinsam entwickelten Lösungsansätze? Wo übernimmt „Vater Staat“ seine Fürsorgepflicht?

Genau aus diesem Grund rufen die Psychologists for Future in ihrer Pressemitteilung zu Lützerath: „Gesundheit braucht Zukunft“ zu einer „Deeskalation und einem Moratorium hinsichtlich der Räumung der Ortschaft und des Protestcamps“ auf. Dieser Text berührt mich sehr, so dass wir ihn heute – nach unserem Bericht zur Demo in der letzten Woche –  in einem weiteren Beitrag zum Thema Lützerath veröffentlichen:

„Anlässlich der beunruhigenden Bilder aus dem Dorf Lützerath rufen die Psychologists & Psychotherapists for Future (Psy4F) zu einer Deeskalation und einem Moratorium hinsichtlich der Räumung der Ortschaft und des Protestcamps auf. Die Psy4F sehen in diesem Konflikt ein aktuelles Beispiel einer fatalen Spaltung: zwischen Menschen, die sich für den Erhalt der Lebensgrundlagen einsetzen, und einer aufgerüsteten staatlichen Exekutive, die entgegen der im Grundgesetz verankerten Verpflichtung zum Gemeinwohl privatwirtschaftliche Interessen durchboxt.

Wird das Kohlefeld unter Lützerath von RWE zur Energiegewinnung abgebaggert, wird Deutschland laut Zahlen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung seine Verpflichtungen zur Umsetzung des Pariser Klimaabkommens nicht mehr einhalten können. Die Kohle unter Lützerath ist darüber hinaus nach aktuellen Berechnungen nicht notwendig für die deutsche Energiesicherheit – es geht im aktuellen Konflikt also allein um den Profit eines privaten Unternehmens. Die damit verbundenen langfristigen Kosten trägt dagegen die gesamte Gesellschaft. Bei einem fossilen „Weiter so“ steht der Welt ein globaler Kollaps bevor, wie unter anderem die Abteilung für Risikoreduktion der Vereinten Nationen warnt. Die WHO spricht von der größten Gesundheitsbedrohung des Jahrhunderts. Und das Umweltbundesamt prognostiziert starke Risiken für sämtliche menschliche Lebensbereiche.

Der Staat hat den Schutz von Menschenleben und Gesundheit zu garantieren. Das Gemeinwohl und damit auch der Umweltschutz sind ein grundgesetzlich garantiertes Staatsziel. Das betrifft auch zukünftige Generationen. „Wir alle möchten gesund und sicher leben! Der berechtigten Sorge der Menschen um die Zukunft kann nur mit radikalen, wissenschaftsbasierten Maßnahmen wirksam begegnet werden – nicht mit Radikalisierung von Sprache und Kriminalisierung von Klimaschutz“, sagt Georg Adelmann, Diplom-Psycholog*in und Vorstandsmitglied der Psy4F.

Vor diesem Hintergrund fordern die Psy4F, die Zeit eines Moratoriums auch dafür zu nutzen, die Räumung und Abbaggerung von Lützerath daraufhin zu prüfen, ob sie mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Zudem sollte die Auseinandersetzung wieder auf sachliche und wissenschaftsbasierte Füße gestellt werden. Die Psy4F stehen für Gespräche mit allen Beteiligten bereit.“

Unter dem o.g. Link könnt ihr nachlesen wie ihr dieses Moratorium unterstützen könnt. Das könnt ihr übrigens auch, indem ihr diese Petition unterschreibt: Moratorium für Lützerath. Weiterhin unterschreibt gerne diesen Offenen Brief an die Bundesregierung und die Landesregierung NRW. Wenn ihr Euch aktiv einbringen wollt: Macht mit beim Tag der Klimademokratie am 29. April und kommt zur nächsten globalen Klima-Demo am 3. März.

Wie? Schon wieder was tun?

Ja!

Ich weiß, wir alle sind müde, und wir alle haben auch noch anderes zu tun, als uns ständig mit den bedrohlichen Zukunftsszenarien und einer unbeweglichen Politik auseinanderzusetzen. Aber stell Dir vor, was wir gemeinsam erreichen können. Stell Dir vor, der soziale Kippunkt wäre bald erreicht. Ich glaube fest daran. Mehr dazu in unserem nächsten Beitrag. Der vorerst letzte zum Thema Lützerath, versprochen!

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Paula