Lützi bleibt!

Lützi bleibt!

„Lützerath wird zum Symbol einer fehlerhaften Energie- und Klimapolitik.“
(Claudia Kemfert in diesem Statement)

Das Dorf ist abgerissen, die Bäume gerodet. Was bleibt: Ein Symbol, das stärker ist als Häuser und Bäume und ein Gemeinschaftsgefühl über Generationen und Ländergrenzen hinweg.

In meinem letzten Beitrag habe ich davon geschrieben, dass der soziale Kipppunkt (also der Startpunkt einer großen gesellschaftlichen Veränderung, die innerhalb einer sehr kurzen Zeitspanne stattfindet) bald erreicht sein könnte.

Woher ich diesen Optimismus nehme?

Seit 4 Jahren beschäftige ich mich mit der Frage, wie wir Menschen für die Klimakrise sensibilisieren können. Das war bisher extrem schwierig. Es war viel zu leicht, diese Krise zu ignorieren. Da waren all die Alltagssorgen und die alltäglichen Erledigungen wichtiger. Inzwischen ist das Thema auf mehreren Ebenen greifbarer geworden.

Der letzte Sommer war spürbar heißer, die Katastrophe im Ahrtal eine deutliche Warnung. Berichte über Protestaktionen wie die der „Letzten Generation“ brechen nicht ab. Uns erreichten 2022 Nachrichten über Dürren und Waldbrände in Europa und Kanada, über eine Überschwemmungskatastrophe in weiten Teilen Pakistans, über lebensbedrohliche Winterstürme in den USA. Anfang diesen Jahres nun füllte Lützerath die Schlagzeilen. All dies zu überhören oder als Nebensächlichkeit abzutun, ist einfach nicht mehr möglich.

Dazu kommen die kleinen Zeichen der Veränderung: z.B. die eine oder andere PV-Anlage in der Nachbarschaft, dank der Energiekrise. Immer öfter entstehen Gespräche darüber am Arbeitsplatz, im Sportverein oder im Freundeskreis, das setzt eine ganze Kaskade in Gang. Wie ein Virus. Beziehungsweise mit der Geschwindigkeit eines Virus. Was exponentielles Wachstum bedeutet, ist uns allen in der Corona-Krise allzu deutlich bewusst geworden. Mit jedem Sprechen über die Problematik wird es leichter, der Klimakrise ins Auge zu blicken, und das Bedürfnis, mit anderen darüber zu sprechen, wächst.

Zusätzlich zu diesen Mechanismen, die sich alle rein im Privaten abspielen, gibt es weitere Interventionen, die für ein Umdenken förderlich sind. Hier ein paar Beispiele:

  • Wer bei einer Bank Geld anlegen und ein Finanzprodukt erwerben will, muss infolge einer Gesetzesänderung inzwischen immer gefragt werden, ob ihm Nachhaltigkeitskriterien dabei wichtig sind.
  • In Schulen findet die Einbindung von klimarelevanten Themen im Unterricht immer häufiger statt.
  • In Städten wird klimafreundliches Bauen gefördert und über Mobilitätswenden diskutiert.
  • Die gesundheitsgefährdende Wirkung der globalen Erwärmung findet im Gesundheitsbereich  immer mehr  Beachtung.

All diese Prozesse sind bereits in Gang, und sie sind nicht mehr zu stoppen.

In Brandenburg, Sachsen und Sachsen-Anhalt ist der Kohleausstieg zwar weiterhin erst für 2038 geplant. Aber auch dort wird der Protest wachsen und einen immer größeren Konsens finden. Die Klimagerechtigkeitsbewegung in Lützerath hat nämlich auch gezeigt, dass inzwischen ganz genau hingeschaut wird, was für Deals zwischen Politik und Wirtschaft ausgehandelt werden und ob diese mit der Einhaltung des 1,5-Limits und mit dem Recht der jungen Generation auf eine lebenswerte Zukunft vereinbar sind.

Der Ausstieg aus der fossilen Energie ist nicht mehr aufzuhalten.  Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis die notwenige Wandlung vollzogen ist. Und damit wäre die erste wichtige Kehrtwende, die im Bericht an den Club of Rome (Earth for all) zum Abwenden der Klimakatastrophe gefordert werden, vollzogen. Dies wäre nicht nur ein Meilenstein im Kampf gegen die ungebremste Erderwärmung. Die vollzogene Energiewende würde uns allen Mut machen, unsere Zuversicht stärken und damit die Umsetzung anderer notwendiger Kehrtwenden beschleunigen. Und wir wissen inzwischen: Jeder Stein, den wir heute anstoßen, wird eine Vielzahl von Steinen mitreißen.

 

 

 

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Paula