Deutschland ist ein reiches Land. Immerhin können wir es uns leisten, ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro in die militärische Aufrüstung zu stecken. Das gleiche Sondervermögen fordert die Klimabewegung um Fridays for Future jetzt für Klimaschutz und Klimaanpassungsmaßnahmen, für die Finanzierung einer sozial-ökologischen Transformation, die den Krisen entgegenwirkt, die uns gerade zu überrollen scheinen: Klimakrise, Energiekrise und soziale Spaltung.
Ob die 100 Milliarden, die die deutsche Regierung in die militärische Aufrüstung stecken will, unserer Sicherheit, dem Frieden oder irgendjemandem in dieser Gesellschaft jemals zu Gute kommen, wird heftig diskutiert. Unbestritten ist aber wohl, dass jede Form von militärischer Aufrüstung das Klima weiter anheizt und dass diese Aufrüstungs-Milliarden die Profite klimaschädlicher Konzerne weiter steigern werden.
Dabei ist es eigentlich nicht unbedingt nötig, die Reichen noch reicher zu machen. Die Krisen der letzten Jahre haben es ja bereits in Deutschland und weltweit geschafft, die Reichen reicher zu machen und die Anzahl der Superreichen zu erhöhen – während weltweit immer mehr Menschen hungern.
In unserem Land liegt allein im Jahr 2021 die Anzahl der neu hinzugekommenen Millionäre bei über 100 000. ( https://www.tagesschau.de/wirtschaft/finanzen/vermoegen-deutschland-millionaere-101.html) Damit gehört Deutschland zu den drei Ländern mit den meisten Millionären weltweit!
Zugleich ist die Armutsgefahr – auch in Deutschland – angestiegen. Nach dem Armutsbericht 2022 des Paritätischen Gesamtverbandes stieg die Armutsquote in Deutschland auf ein Rekordniveau. Jedes 5. Kind ist von Armut betroffen. Das ist etwas, was wir uns garantiert nicht leisten können!
Gerade deshalb müssen wir jetzt ausreichend Geld in die Hand nehmen und zwar nicht, um neue Waffenarsenale und Panzer zu finanzieren, sondern um eine weitere Verschärfung der Krisen aufzuhalten.
Fridays for Future haben einen offenen Brief an die Bundesregierung geschrieben:
„Liebe Bundesregierung, es braucht jetzt ein Sondervermögen für Klima & Sicherheit!
Wir fordern Sie auf, 100 Milliarden Euro bereitzustellen, um die Transformation zur Klimaneutralität radikal und auf allen Ebenen voranzubringen, unter anderem durch eine beispiellose Geschwindigkeitserhöhung beim Ausbau Erneuerbarer Energien und flächendeckend kostengünstigem ÖPNV, sowie einer angemessenen Klimafinanzierung für die heute schon am stärksten von der Klimakrise betroffenen Gebiete. Nutzen Sie hierfür die aktuellen Haushaltsverhandlungen!“
Den gesamten Brief mit allen Erläuterungen findet ihr unter: https://weact.campact.de/petitions/100-milliarden-fur-klima-und-sicherheit-jetzt
Hier könnt ihr auch die Petition für das Sondervermögen unterschreiben!
Was passiert, wenn wir nicht handeln, weil Klimaschutz uns einfach zu teuer ist?
Die Kosten für die Folgen eines ungebremsten Klimawandels ist durch keine Studie realistisch zu ermitteln. Anhand der Bilder von Hunger, Krankheit und Flucht, die jetzt schon um die Welt gehen, und an den Schäden, die Dürre und Extremwetterlagen heute schon anrichten, können wir vage erahnen, was auf uns zukommt, wenn wir jetzt nicht handeln und die Mittel für die notwendigen Klimaschutzmaßnahmen aufbringen.
Der Klimawandel verstärkt bestehende Ungerechtigkeiten. Die Menschen, die am wenigsten zum Klimawandel beigetragen haben, leiden am meisten darunter. Das gilt nicht nur für die globale Schieflage zwischen reichen und armen Regionen, sondern auch für die soziale Schere, die sich in Deutschland immer weiter öffnet.
Das Forum Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS e.V.) kommt gemeinsam mit dem Öko-Institut e.V. zu dem Schluss, dass die Klimakrise das soziale Gefälle in unserer Gesellschaft verschärfen wird: „Die Klimakrise betrifft Gesellschaftsgruppen und Wirtschaftsakteure in unterschiedlichem Maße. Da besonders die Kosten für Grundbedürfnisse steigen, führt dies zu negativen Verteilungswirkungen. Eine populäre Erzählung ist, dass Geringverdienende durch weitreichende Klimaschutzmaßnahmen zu stark belastet würden. Doch es zeigt sich, dass besonders sozial benachteiligte und vulnerable Gruppen unter den Folgen der Klimakrise leiden werden. Haushalte mit geringerem Einkommen geben einen größeren Anteil ihres Budgets für die genannten Grundbedürfnisse aus.“ (Studie im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, https://foes.de/publikationen/2021/2021-09_FOES_Policy_Brief_Folgekosten_Klimakrise.pdf)
Klimapolitik ist Sozialpolitik. Maßnahmen zum Klimaschutz und der Kampf um eine gerechtere Verteilung sind nicht voneinander zu trennen und dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Diese Erkenntnis hat die For-Future-Bewegung von Anfang an begleitet und sie hat dazu geführt, dass der weltweite Protest sich den Namen „Klima-Gerechtigkeits-Bewegung“ gab. (Mehr dazu im Blogbeitrag: Klimagerechtigkeit)
Klimaschutz kann nur bedeuten, dass allen Menschen ihre angeborenen Grundrechte zugestanden werden, dass Ökosysteme, Pflanzen- und Tierwelt und der gesamte Lebensraum Erde wieder als gemeinsamer Reichtum wahrgenommen und geschützt werden. Einer Industrienation wie Deutschland kommt hierbei eine besondere Verantwortung zu, mit aller Anstrengung darauf hinzuwirken, dass die zwischenmenschliche Ausbeutung und der Ökozid* ein Ende finden. Unsere Erde darf nicht ausgepresst werden wie eine Zitrone bis nichts mehr zum Leben übrigbleibt, nur um maßlose Gewinne zu generieren. Dieses Recht hat niemand. Und doch geschieht es: Laut Oxfam lagen die Profite der fossilen Energiekonzerne in den vergangenen 50 Jahren im Durchschnitt bei 2,8 Milliarden Dollar – pro Tag! (https://www.zeit.de/politik/2022-09/politik-2022-09-oxfam-studie-klimakrise-verdoppelt-hungersnoete)
Die erforderlichen Schritte und Klimaschutz-Maßnahmen liegen in zahlreichen Studien, Konzepten und wissenschaftlichen Abhandlungen längst auf dem Tisch. Jetzt müssen sie finanziert und umgesetzt werden. Dann ist jeder einzelne Euro eine Investition in unsere Zukunft und die unserer Kinder und Enkelkinder!
„Die Klimakrise wird eine ganz andere Dimension erreichen und früher oder später die finanziellen Möglichkeiten Deutschlands weit überschreiten. Die Folge wird massiver Wohlstandsverlust und die Gefährdung des gesellschaftlichen Zusammenhalts sein. Es gäbe eigentlich nichts Sinnvolleres, als jetzt noch rechtzeitig die schlimmsten Folgen der Klimakrise durch ambitioniertes Handeln zu verhindern. Das bedarf einer enormen Kraftanstrengung und natürlich auch erheblicher finanzieller Mittel. Je schneller die Regierung das verinnerlicht, desto besser ist dies für unser Land.“ (Volker Quaschning, Professor für Regenerative Energiesysteme an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin und Gründungsmitglied von Scientists for Future, https://www.geo.de/natur/nachhaltigkeit/energieprofessor-erklaert–warum-wir–disruptive–veraenderungen-brauchen-32747364.html?utm_source=pocket-newtab-global-de-DE)
*ÖKOZID ist die massive Schädigung und Zerstörung von Ökosystemen – schwere Schäden an der Natur, die weitreichend oder langfristig sind. (https://www.stopecocide.de/was-ist-oekozid)