Klimagerechtigkeit

Klimagerechtigkeit

Die Klimakrise trifft Bevölkerungsgruppen besonders hart, die am wenigsten zu ihrer Entstehung beigetragen haben. Und sie haben weniger Ressourcen, sich dagegen zu wehren.

Die Industrienationen des globalen Nordens[1], die fast alleine für den Klimawandel verantwortlich sind, verfügen über weitaus mehr finanzielle Mittel und Technologien, um sich vor den jetzt bereits eingetretenen globalen Folgen des Klimawandels  wie Hitze, Überschwemmungen, Ernteschäden und Extremwetterlagen zu schützen. Der Ausbau dieser Ressourcen war und ist allerdings für das Fortschreiten des Klimawandels selbst maßgeblich verantwortlich, denn der Wohlstand der Industrienationen beruht insbesondere auf der Nutzung fossiler Energieträger.

Einige interessante Zahlen finden sich in diesem Video: https://www.youtube.com/watch?v=ipVxxxqwBQw

Unsere Lebensweise steht in einem direkten Zusammenhang mit den in weiten Teilen prekären Lebensumständen im globalen Süden.
In vielen Regionen des Globalen Südens herrschen bereits heute Hunger und Armut. Der fortschreitende Klimawandel wie auch die weiter stattfindende Zerstörung der Umwelt verschärfen die schwierigen Lebensbedingungen, vernichten die Lebensgrundlagen und Lebensweisen zahlloser Menschen. Die Bevölkerungen dieser bedrohten Landstriche haben aber die gleichen Grundrechte wie wir, z.B. ein Anrecht auf Nahrung, sauberes Wasser, medizinische Versorgung und Selbstbestimmung.

Sie haben darüber hinaus das gleiche Recht wie wir auf wirtschaftliche und industrielle Entwicklung und auf Wohlstand. Würden diese Nationen diese Entwicklung aber auf demselben Weg beschreiten wie wir, würde dies wieder übermäßige und für die gesamte Menschheit unerträgliche Emissionen von Treibhausgasen bedeuten.

Aus der Perspektive der Gleichberechtigung ist es daher ungerecht von Ländern des globalen Südens dieselbe Einsparung von Emissionen zu verlangen und über eine global betrachtet gleichmäßige Verteilung der pro-Kopf-Emissionen zu sprechen, da dies bedeutet ihnen eine entsprechende Entwicklung zu verwehren.

Aber wie kann das Problem dann gelöst werden?

Die Klima-Gerechtigkeits-Bewegung fordert, dass diejenigen Staaten, die maßgeblich zum Klimawandel beigetragen haben, die Ausbeutung anderer Länder und planetarer Ressourcen endlich beenden und stattdessen in besonders hohem Ausmaß zum Klimaschutz weltweit beitragen. Aber auch, dass sie mit finanzieller Hilfe und technologischem Austausch andere Länder unterstützen. Es geht um Verantwortung für bereits angerichtete Schäden und bereits getätigte Emissionen und um Solidarität.

Der Begriff Klimagerechtigkeit ist angelehnt an den Begriff Umweltgerechtigkeit.

Schon seit vielen Jahrzehnten ist es gängige Praxis, dass die bürgerliche Mittel- und Oberschicht dafür sorgt, dass beispielsweise Sondermülldeponien, Fabriken oder Kraftwerke aus ihrem unmittelbaren Lebensumfeld außen vor bleiben und bevorzugt in der Nähe der Wohngebiete ärmerer Menschen bzw. indigener Reservate platziert werden, damit sie unbehelligt von den Nebenprodukten ihres Konsums wie Müll, Radioaktivität sowie Luft- und Wasserverschmutzung leben, arbeiten und ihre Freizeit genießen können. Diese Praxis, zu der auch z.B. der Export von Müll in die Länder des globalen Südens gehört, wird Umweltrassismus genannt. Zu den betroffenen Menschen gehören häufig schwarze, indigene und benachteiligte Gemeinschaften. Ihre Wehr gegen diese Umstände formte als Gegenstück zum Umweltrassismus den Begriff Umweltgerechtigkeit.

Anders als die Umweltbewegung, die ausschließlich die Umweltzerstörung an sich im Blick hat, stellt die Umweltgerechtgkeitsbewegung auch soziale und ökonomische Auswirkungen in den Vordergrund.

Der Environmental Justice Atlas dokumentiert und katalogisiert soziale Konflikte in Umweltfragen.
Ziel ist es, die Mobilisierung der Umweltgerechtigkeitsbewegungen sichtbarer zu machen und für eine echte unternehmerische und staatliche Rechenschaftspflicht einzutreten.
Die Plattform dient auch als virtueller Raum für diejenigen, die an Umweltgerechtigkeits-Themen arbeiten, um Informationen zu erhalten, andere Gruppen zu finden, die an verwandten Themen arbeiten, und die Sichtbarkeit von Umweltkonflikten zu erhöhen.

Auf einer Weltkarte lassen sich Standorte zu Spezialthemen wie Fracking, Landnahme oder Bergbaukonflikte in Südamerika aufrufen. Die Fälle können nach Kategorien (Wasser, Müll, fossile Energien, Landnahme, Privatisierung) oder Ländern recherchiert werden.

So ist dort z.B. auch die Besetzung des Hambacher Forstes dokumentiert.

Aufgrund der Verflechtung von ökologischen, sozialen und ökonomischen Interessen ist eine globale Transformation nur dann möglich, wenn Umweltschutz mit Konzepten wie DeGrowth (also dem Gegenteil von wirtschaftlichem Wachstum), Gemeinwohlökonomie, De-Kolonialisierung und Anti-Rassismus mit der Achtung der Menschenrechte und Geschlechtergerechtigkeit, mit Forderungen nach ökologischem Landbau, Fairem Handel einem global nachhaltigen und gerechten Wirtschaftssystem Hand in Hand geht.

Klimagerechtigkeit beschreibt daher die Erkenntnis, dass das Abwehren der drohenden Klimakatastrophe nur funktionieren kann, wenn die globalen Machtverhältnisse und die ungerechte Verteilung von Ressourcen beendet werden.

Klimagerechtigkeit beleuchtet also nur ganz nebenbei unsere besondere Verantwortung gemäß dem Verursacherprinzip entstandene Schäden wiedergutzumachen und neue Schäden zu verhindern.

Wir werden unsere planetaren Lebensgrundlagen nur dann nachhaltig schützen können, wenn wir die Gleichberechtigung aller Menschen und das Recht auf ein gutes Leben für alle als unbedingtes Ziel verfolgen.

[1] „Mit dem globalen Süden wird eine im globalen System benachteiligte gesellschaftliche, politische und ökonomische Position beschrieben. Globaler Norden hingegen bestimmt eine mit Vorteilen bedachte, privilegierte Position. Die Einteilung verweist auf die unterschiedliche Erfahrung mit Kolonialismus und Ausbeutung, einmal als Profitierende und einmal als Ausgebeutete.“ (Quelle: https://sinaintansania.wordpress.com/2019/08/04/globaler-sueden-globaler-norden/)

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Paula