Mobilität– Auf in die Verkehrswende!

Mobilität– Auf in die Verkehrswende!

Rund 2 Tonnen CO2 pro Person und Jahr werden im Bundesdurchschnitt im Bereich Mobilität emittiert. Das ist etwas mehr als im Bereich Ernährung. Das Einsparpotential ist dabei aber beträchtlich größer. Daher ist gerade die Verkehrswende für den Klimaschutz von extremer Bedeutung!

Aus Anlass der Fahrraddemo am Freitag, den 29.5. ab 17:00 Uhr auf dem Schlossplatz bringen wir heute einen Beitrag zum Thema Mobilität. In diesem Beitrag möchte ich einen Überblick geben, welche Forderungen wir an unsere Regierung stellen und was wir alle selber tun können.

Der Bereich „“Flugreisen und Urlaub“ sei hier erst einmal ausgeklammert. Wir werden uns diesem Thema in einem späteren Beitrag „Nachhaltiger Urlaub“ widmen.

Doch zunächst ein Überblick:

Was bedeutet „Verkehrswende“ und wofür ist das gut?

Neben dem Klimaschutz gibt es viele weitere gute Gründe, die bisherige Art uns fortzubewegen umzugestalten: Staus, Parkplatznot, stetig steigende Erkrankungen durch Feinstaubbelastung und sonstige Luftverschmutzung und viel zu viele Verkehrstote. Das Auto ist der bisherige Dreh- und Angelpunkt im Verkehr. Es wird Zeit, den Menschen mit seinen unmittelbaren Grundbedürfnissen in den Mittelpunkt der Verkehrsplanung zu stellen.

  • Rad- und Fußwege müssen besser ausgebaut und sicherer werden.
  • Die Anbindung durch den ÖPNV muss stark verbessert werden.
  • Durch ein Tempolimit von 120 km/h auf Autobahnen, 80 km/h außerhalb geschlossener Ortschaften und 30 km/h innerorts vermeiden wir Verkehrstote, unnötige CO2-Emissionen und Verkehrslärm – und ermöglichen zudem eine entspanntere Fahrweise.
  • Neuzulassungen von PKW mit Verbrennungsmotor sollten so bald wie möglich untersagt werden.

Dem entgegen steht leider wieder einmal die aktuelle Politik, die durch die Abwrackprämie den Absatz von Verbrennungsmotoren für einige wenige Wohlhabende steigern will, anstatt alle Menschen nach den jeweiligen Bedürfnissen zu unterstützen.
Eine viel sinnvollere Alternative wäre eine Mobilitätsprämie. Diese würde allen zur Verfügung stehen, mit der freien Wahl, davon eine Bahncard, ein Fahrrad oder E-Bike oder eine ÖPNV-Jahreskarte zu kaufen. Auf diese Weise würden die Subventionen nicht nur die Automobilindustrie stärken, sondern auch z.B. kleinere Fahrradläden oder -werkstätten.

Und weil wir zwar die Verkehrswende fordern, aber nicht auf sie warten wollen, fragen wir uns auch:

Was kann ich tun?

1) Mein Arbeitsweg

Die meisten von uns haben einen Arbeitsweg von weniger als 15km. Wem der Weg mit dem Fahrrad zur Arbeit zu weit ist, der findet im E-Bike eine passende Alternative. Genau wie beim Elektroauto wird hier ein Akku verwendet, der aus begrenzten Rohstoffen hergestellt wird und es wird Strom verbraucht. Allerdings ist der Energieverbrauch erheblich geringer, da ein E-Bike nur ein Bruchteil eines PKW wiegt und dadurch wesentlich weniger Masse bewegt werden muss.

Nach meiner Erfahrung ist der Arbeitsweg mit dem Fahrrad nicht nur klimaschonend, er ist – nach der ersten Phase der Umgewöhnung – sogar entspannender, man gewinnt sehr viel schneller wortwörtlich „Abstand“ von der Arbeit und hat sogleich eine Portion sportliche Betätigung absolviert. In Kombination mit einem Jahresticket für den ÖPNV können die meisten von uns den Weg zur Arbeit bequem ohne Auto bewerkstelligen. Das spart Nerven!

Wer einen weiteren Weg zur Arbeit hat, oder wo die öffentliche Verkehrsanbindung versagt, kann eine Fahrgemeinschaft bilden. Fahrgemeinschaften sind zum einen lukrativ, da alle Kosten geteilt werden. Gemeinsam kann man außerdem einen anstrengenden Arbeitstag „verarbeiten“.

Über das Pendlerportal kann man Mitfahrgelegenheiten als Pendler/in oder für einfache Fahrten suchen und anbieten.

2) Autonutzung begrenzen

Es steckt irgendwie noch ganz tief in uns drin: Das Auto als Statussymbol. Wer keins hat, ist entweder sehr arm oder spinnt. Für alle anderen gehört es ganz selbstverständlich dazu. Meist sogar mit Zweit- oder gar Drittwagen innerhalb einer vierköpfigen Familie.

Ja gut, es ist bequem, man ist unabhängig von Fahrplänen und dem Wetter und . muss Fahrten weniger planenAber schon beim Punkt Zeitersparnis kippt die Waage. Um ehrlich zu sein, dauern Fahrten innerhalb der Stadt mit Bus oder Fahrrad auch nicht länger. Schon gar nicht, wenn man die Parkplatzsuche (und gerechterweise auch das Tanken, Werkstattaufenthalte, Reifenwechsel, TÜV etc.) mit einkalkuliert. Weitere Ärgernisse, die viel zu wenig Beachtung in der Wahl der Verkehrsmittel finden, sind die Kapitalbindung durch Anschaffungskosten, das Platzproblem (Parkplätze, Garage) sowie laufende Kosten (Versicherung, Werkstatt, Benzin). Wer das Fahrrad zu seinem Standardverkehrsmittel wählt, spart nicht nur Geld, sondern verfügt ganz automatisch über eine Grundfitness.

Wie wir unsere Freizeit gestalten, unsere Einkäufe erledigen und unseren Urlaub planen, hängt mit unserem Lebensstil zusammen. Daher ist es wichtig, individuelle Vorlieben zu berücksichtigen. Wenn ich ohnehin mit dem Auto zur Arbeit fahre, aber auf dem Rückweg direkt den Einkauf erledige, fällt dafür keine zusätzliche Autofahrt an. Ich kann aber auch das Lastenrad oder einen Bollerwagen für einen Großeinkauf nutzen (beides ist unter Umständen gleichzeitig auch für den Transport von kleinen Kindern geeignet).

Apropos Freizeit: Warum nicht die Freizeit direkt vor der Haustür beginnen? Warum nicht mit dem Fahrrad ins Kino oder zum Sport?

Wer ganz konsequent ist und gar kein Auto besitzt oder über einen Verkauf nachdenkt, vermeidet dadurch obendrein die Emissionen durch die Produktion. Wer aber den „Luxus“ eines eigenen Autos nicht missen möchte, kann dennoch bei Wahl und Ausstattung den Klimaschutz im Blick haben. Ganz ehrlich: Gerade jetzt in Corona-Zeiten genieße ich es tatsächlich, im Zweifel auf den eigenen PKW zurückgreifen zu können.

Trotzdem: Wer kein eigenes Auto hat, kann dafür andere Freiheiten genießen! Man kann es drehen und wenden wie man will: Werkstattbesuch, Autowäsche, Wartungsarbeiten. Um alles muss man sich kümmern und alles ist teuer. Rechnet man alle Kosten zusammen, kostet ein eigener PKW je nach Modell und Nutzung mindestens 300,-€ monatlich, im Durchschnitt sogar etwa das doppelte. Ein Budget, das allemal ausreichend ist für ein gutes Fahrrad, eine Jahreskarte für den ÖPNV, Carsharing-Gebühren und so manche Taxifahrt.

Carsharing-Anbieter in Braunschweig sind Greenwheels, Sheepersharing, Hertz oder Flinkster.

Bei der Nutzung von E-Autos ist es für die Klimabilanz von entscheidender Bedeutung, aus welcher Quelle der Strom für den Betrieb stammt. Lädt man das Fahrzeug mit der eigenen Solaranlage, ist dies deutlich klimaverträglicher. Bei herkömmlicher Stromnutzung ist der Unterschied zum PKW mit Verbrennungsmotor fast zu vernachlässigen.

3) Slow travel

Wir genießen am Wochenende einen Trip ins Grüne? Einen Spaziergang am See? Warum dann nicht die kostenlose frische Luft, die Bewegung im Freien und den Blick in den Himmel schon während der Fortbewegung von A nach B genießen?

Autos werden gerne genutzt, wenn wir im Stress sind und viele Termine unter einen Hut bringen müssen. Aber vielleicht reichen ja auch ein paar weniger Freizeitaktivitäten (und den Kindern auch!). Vielleicht lieber weniger Aktionen mehr genießen und so für Entschleunigung sorgen. Wer Auto fährt, muss sich auf den Verkehr und auf den Weg konzentrieren. Das ist nichts, was zur Entspannung beiträgt.

Zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs zu sein, bringt die Gelegenheit für einen Plausch mit Fremden oder Bekannten, die man unterwegs trifft oder kennenlernt. Man bekommt das Wetter intensiver mit, was der Psyche enorm guttut. All dies steigert nicht unerheblich die eigene Lebensqualität.

Bei längeren Strecken bekommt man ein besseres Gefühl für die zurückgelegte Entfernung, je langsamer man sich fortbewegt. Man muss nicht erst „ankommen“.
Intensiv in Erinnerung ist mir eine Bahnreise von Berlin nach Palermo. Der Beginn der Reise war unspektakulär. Beim ersten Umsteigen in München fiel mir auf, dass die Menschen hier aber schon irgendwie anders sprechen. Bei der Fahrt durch die Berge genoss ich es, stundenlang aus dem Fenster zu schauen. Immer wieder wechselten die Landschaft und die Sprachen, aber auch die Dialekte der Zusteigenden. Spätestens in Rom dachte ich, dass ich ja nun bald da sein müsste. Aber in Wirklichkeit ging die Fahrt noch viele Stunden weiter, ich hatte erst gut die Hälfte hinter mir. Die Landschaft änderte sich immer wieder, ebenso wie die Dialekte der Menschen. Auf der letzten Etappe saßen wir dichtgedrängt zu sechst im Abteil und ich hörte den später sehr vertrauten sizilianischen Dialekt. Auch das Gepäck und die Kleidung der Reisenden unterschied sich jetzt stark von dem der Reisenden bisher. Eine Frau hatte in einem Korb voller Hühner dabei! – Was wäre mir alles entgangen, hätte ich das Flugzeug genommen!

 

 

 

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Paula