Der Verein der KlimaSeniorinnen aus der Schweiz umfasst inzwischen fast 2000 Mitglieder, Durchschnittsalter 73 Jahre. Schon vor einigen Monaten haben wir in unserem Blog von der aufsehenerregenden Klage der Frauen erzählt: Sie verklagten die Schweiz, weil dieser Staat sie nicht ausreichend vor den lebensbedrohlichen Folgen der Erderhitzung schütze.
Mit dieser Klage sind sie in zahlreichen Instanzen abgewiesen worden und schließlich vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EMGH) gelandet. Hier wurde nun am 9. April das unanfechtbare Urteil gesprochen: Klimaschutz ist Menschenrecht! Die Staaten sind verpflichtet zu handeln und ihre Bevölkerung zu schützen. Das Nicht-Handeln der Schweiz verstößt gegen die Europäische Menschenrechtskonvention.
Den juristischen Weg durch die Instanzen zu gehen, ist eine immer öfter genutzte Strategie, um die Staaten zum Handeln zu zwingen. Oftmals scheitern diese Klagen an Formfehlern, einige aber hatten schon früher Erfolg und ermutigten sicher weitere Gruppen, ebenfalls zu klagen. Dazu gehört die erfolgreiche Klimaklage in Holland und auch das Urteil des Deutschen Bundesverfassungsgericht, durch das die letzte Bundesregierung zum Nachbessern ihrer Klimaschutzbemühungen gezwungen wurde. Europaweit sind hunderte von Klimaklagen anhängig oder in Vorbereitung.
Das Urteil, das die KlimaSeniorinnen erstritten haben, ist ein großer Erfolg für die europäische Klimaschutzbewegung.
Das Urteil, das die Schweiz nun dazu zwingen soll, einen Rahmen für wirkungsvolle Klimaschutzmaßnahmen und einen realistischen Zeitplan – also ein Klimaschutzkonzept – zu entwickeln, wird keine direkte Auswirkung auf die deutsche Klimapolitik haben. Grundsätzlich sind die Entscheidungen des EGMH auch für Deutschland gültig. Allerdings hat Deutschland bereits ein entsprechendes Klimaschutzkonzept, insofern ist die jetzige Bundesregierung schon einen Schritt weiter als die Schweiz.
Aber eben nur einen Schritt. Nach einem aktuellen deutschen Gerichtsurteil muss auch das deutsche Klimaschutzkonzept erneut nachgebessert werden. Die Deutsche Umwelthilfe hat hierzu die Bundesregierung verklagt und gewonnen. In ihrer Pressemitteilung vom 16. Mai 2024 heißt es:
„Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg urteilt: Die bestehenden Klimaschutzprogramme der Bundesregierung sind rechtswidrig und müssen kurzfristig um wirksame konkrete Maßnahmen nachgebessert werden. (Das) Urteil entfaltet Wirkung weit über das aktuell geltende Klimaschutzgesetz hinaus und zwingt insbesondere Porsche-Verkehrsminister Wissing zu schnell wirksamen Maßnahmen. Alle Klimaklagen der DUH für die Sektoren Energiewirtschaft, Industrie, Gebäude, Landwirtschaft und Verkehr sowie für den Landnutzungssektor (sind) erfolgreich.“
https://www.duh.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung/deutsche-umwelthilfe-gewinnt-beide-klimaklagen-gegen-die-bundesregierung-bestehende-klimaschutzpro/
Trotz dieser Erfolge bleibt abzuwarten, ob und wie ein autonomer Staat zum Handeln gezwungen werden kann – Urteil hin – Urteil her. Denn es baut sich – wie könnte es anders sein – Widerstand gegen die Umsetzung solcher Gerichtsurteile auf: Die Schweizer Rechtskommissionen des National- und Ständerats empfehlen beispielsweise, das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Fall der KlimaSeniorinnen zu ignorieren. Woraufhin Greenpeace umgehend eine Petition verfasst hat, um die Umsetzung des Urteils einzufordern.
Wir drücken den Klimaseniorinnen, Greenpeace, der Deutschen Umwelthilfe und allen, die für mehr Klimaschutz vor Gericht ziehen, ganz fest die Daumen, dass sie weiter mit so viel Power wie bisher dranbleiben und mit vielen weiteren Klima-Engagierten den notwendigen Druck ausüben, damit aus der Erkenntnis, dass Klimaschutz ein Menschenrecht ist, in Zukunft auch die erforderlichen Konsequenzen erwachsen.
Weitere Infos: https://www.klimareporter.de/gesellschaft/klimaklage-erfolgreich?idU=3
Zur Greenpeace-Petition geht es hier: https://www.greenpeace.ch/de/handeln/recht-respektieren/?utm_campaign=klima&utm_medium=email&_hsenc=p2ANqtz-8SrOSa5u-2sMLhEroFbm5Fvt47dE9fiHopgYszmnGcyzc1u_pOlCMV3H-YWKM7bKenImkT7GSe508ds804XnfU7NPVbA&_hsmi=88581619&utm_source=newsletter
Foto: Miriam Künzli / Greenpeace