Forderungen für die ersten 100 Tage

Forderungen für die ersten 100 Tage

Im Bundes-Wahlkampfzeit 2021 haben – o Wunder! – fast alle Parteien ihr Herz für Klimaschutz entdeckt und das Aufhalten einen fortschreitenden Klimawandels als Ziel benannt. Dies ist ein großer Erfolg der Klimagerechtigkeitsbewegung. Vor der letzten Bundestagswahl wäre ein solcher Sinneswandel nicht denkbar gewesen.

Jedoch ist dies kein Grund sich auszuruhen. Wir kennen alle das Phänomen der „verbalen Zustimmung bei gleichzeitiger Verhaltensstarre“. Nur weil die drohende Klimakatastrophe jetzt im Bewusstsein der Öffentlichkeit eine Rolle spielt, bedeutet das nicht, dass irgendetwas sich ändert. Im Gegenteil: momentan wird weltweit mehr CO2 ausgestoßen als je zuvor.

Was wir brauchen, sind also nicht nur vage Ziel, sondern vor allem konkrete Sofortmaßnahmen und die Bereitschaft zum Umdenken. Das „Umdenken“ ist ein mühsamer und zäher Prozess, der aber durch ein mutiges und konsequentes Handeln der neuen Regierung durchaus beschleunigt werden könnte.

Aus diesem Grund sind am 22. Oktober 2021 Tausende auf die Straße gegangen, und haben sofortige Klimaschutzmaßnahmen gefordert. Fridays for Future haben ihren Forderungen sechs neue Statements hinzugefügt, die von der neuen Koalition als Sofort-Programm gefordert werden. Diese Forderungen können unterstützt, geteilt und beworben werden, so dass wir alle die Dringlichkeit sofortigen Handelns unterstreichen können.

Macht mit unter: https://fridaysforfuture.de/forderungen/mitmachen/?pk_campaign=deli!

Dies sind sechs ergänzten Forderungen:

  1. Die Verabschiedung eines 1,5°C-konformen CO2-Budgets: Verbindlich als Grundlage eines Reduktionspfadesa.
    a. Unabhängige Kontrolle: Einführung eines Mechanismus zur Prüfung aller Gesetze und Infrastrukturprojekte auf Kompatibilität mit dem CO2-Budget
  2. Die sofortige Beendigung neuer Erdgasinfrastrukturprojekte und Beschluss des Erdgasausstiegs bis spätestens 2035
  3. Einen sozialverträglichen Ausstieg aus allen fossilen Energien in Deutschland
    a. Alle Dörfer Bleiben: Keine weiteren Flächen für Kohle abbaggern und verbindlicher Kohleausstieg bis spätestens 2030
    b. Ende aller Subventionen für fossile Energieträger
  4. Die Beseitigung aller (politischen) Ausbaubremsen für Sonnen- und Windenergie und die Versiebenfachung des Ausbaus
  5. Das Einleiten einer radikalen, gerechten Mobilitätswend
    a. Einen Einbaustopp für fossile Verbrennermotoren ab 2025
    b. Einen sofortigen Neu- und Ausbaustopp für Autobahnen und Bundesstraßen
  6. Das Übernehmen globaler Verantwortung: Deutschland verpflichtet sich, für seine historischen Verantwortungen einzustehen
    a. Festlegung von mindestens 14 Milliarden Euro jährlich für internationale Klimafinanzierung
    b. Ausschluss der Ratifizierung klima- und umweltschädlicher sowie menschenrechtsgefährdender Handelsverträge (wie bspw. das Mercosur-Abkommen).

Diese Maßnahmen können ein Anfang sein und ein deutliches Zeichen setzen.

Danach muss es aber weiter gehen: Klimaschutzmaßnahmen müssen breit gedacht werden. Klimaschutz darf nicht nur in ein Umlenken von Subventionen oder um in eine Elektrifizierung des Individualverkehrs münden. Dies wäre aus vielen Gründen eine Sackgasse. Es geht vielmehr um eine grundlegende sozial-ökologische Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft. Deshalb müssen alle Klimaschutzmaßnahmen darauf ausgerichtet sein, Benachteiligungen, Ausbeutung und soziale Spaltung abzubauen, anstatt sie zu vertiefen. Nur dann wird die Bevölkerung bereit sein, ausgetretene Pfade zu verlassen und Ungewohntes zu akzeptieren.

Wohlstand muss in der Öffentlichen Diskussion zu einem Begriff werden, der nicht nur Bankkonto, Auto und die Reise auf die Malediven beschreibt, sondern gute Lebens- und Arbeitsbedingungen, ein naturnahes Lebensumfeld, gesunde Ernährung, saubere Luft und ausreichend Wasser für alle.

Dies zu vermitteln, wird vielleicht die schwierigste Aufgabe für die neue Regierung, wie auch für die hoffentlich nicht nachlassende Klimagerechtigkeitsbewegung und alle gesellschaftlichen Kräfte, die hier in der Verantwortung stehen, wie z.B. der Bildungssektor, Kirchengemeinden, Gewerkschaften und Sozialverbände.

Den Klimawandel aufzuhalten ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die über die ersten 100 Tage der neuen Regierung weit hinausreicht.

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Frieda