NETTONULL 2035? Sonnenklar, wir können das schaffen!

NETTONULL 2035? Sonnenklar, wir können das schaffen!

Die 1,5-Grad-Grenze einhalten? Gute Nachricht: Wir kriegen das hin! Laut der Wuppertaler Studie (2020) ist ein wichtiger Schlüssel dazu die Energiewende. Was heißt das konkret? Wir haben dazu Dr. Ingo Stuckmann befragt, der seit zwanzig Jahren in der Branche der Erneuerbarem Energien tätig ist und sich in der Politik und in der Klimabewegung engagiert, z.B. als Gründer von Zero Emission Think Tank.

Ingo, der Umstieg auf Erneuerbare Energien ist dein spezielles Thema?

Ingo Stuckmann: Man kennt sich eben am besten in der Branche aus, in der man seit Jahren tätig ist.  Deshalb habe ich irgendwann angefangen KURZINFOS zu diesem Thema zu schreiben, denn das ist meine Branche, hier kenne ich mich aus. Und es ist die Schlüsselbranche für Klimaneutralität, für NETTONULL 2035.

Warum ist gerade die Energie-Wende so entscheidend für die Einhaltung der 1,5-Grad-Grenze?

Ingo Stuckmann: Unser Alltag ist ja voller Energie! Ob Du zur Arbeit fährst, das Internet nutzt oder die Spülmaschine. Ob Du Licht anmachst oder kochst – alles verbraucht Energie und damit CO2. Wenn wir jetzt bis 2035 klimaneutral werden wollen, dann können wir den Kohleausstieg, die Abkehr von fossilen Heizungen, das Abwracken von Verbrennungsmotoren, die Transformation der Industrie nur schaffen, wenn wir eine CO2-Emmissionsfreie Energieversorgung aufbauen. Für all das brauchst Du – Erneuerbare Energien.
Es ist eigentlich ganz einfach: OHNE EINSTIEG, KEIN AUSSTIEG.
Ohne den EINSTIEG in 100% Erneuerbare Energien, kein AUSSTIEG aus Kohle und fossiler Energie!

Viele Menschen haben Angst, dass der Umstieg auf Erneuerbare Energien den Strom erheblich verteuert und vor allem Menschen mit niedrigem Einkommen belastet. Was kannst du diesen Sorgen entgegensetzen?

Ingo Stuckmann:, Ja, und die Bundesregierung schürt diese Angst vor der teuren Energiewende
Es sei „zu teuer“ und „können wir uns nicht leisten“, immer wieder schnappt die Kostenfalle zu.
Genau das Gegenteil ist der Fall: Seit 2017 ist Strom aus Wind- und Solaranlagen günstiger, als selbst der alte abgeschriebene Strommix! Das sind Daten der Bundesnetzagentur.
Das ist die gute Nachricht. Und gleichzeitig ist das der Schlüssel zur Einhaltung des Pariser Klimaabkommens. Damit können wir alle Menschen und auch die Wirtschaft mit ins Boot holen, denn es geht um Teilhabe für alle: Wir haben alles, was wir brauchen! NETTONULL rechnet sich. Es gibt keine Ausreden mehr. Und haltet Euch fest – es ist sogar günstiger!

Eine weitere Sorge ist, dass insbesondere über die Sonnenenergie nachts und in den dunklen Jahreszeiten nicht ausreichend Strom produziert werden kann. Werden wir im Winter Probleme bekommen, wenn wir vollständig auf Erneuerbare Energien umsteigen?

Ingo Stuckmann:
Das ist nur ein Märchen, um den Status quo zu verteidigen, der uns das Klima kaputt macht. Die Realität ist, dass wir heute schon 80% Reserven haben. Das sind die Wasser-, Biomasse-, Geothermie- und (Bio)Gaskraftwerke, die wir seit Jahren schon haben. Dazu kommt, dass wir in Zukunft bis zu 80% des Stroms digital-flexibel nutzen können, beispielsweise über eine Netzampel. Bei grün kriegst Du CO2-freien Strom sehr günstig, also wenn die Sonne scheint oder der Wind weht und dann laden wir unsere Elektroautos, die Kühlschränke kühlen automatisch vor, Labtops laden sich auf etc… hier wird es noch ganz viele Innovationen geben.

Welche Schritte wären konkret erforderlich, um auf 100% Erneuerbare Energien umzusteigen?

Ingo Stuckmann: Im Grunde geht es nur um drei wesentliche Maßnahmen:

  1. Planungssicherheit
    Wir brauchen vor allem Planungssicherheit für die Bürgerenergie, genauso, wie wir es vor 6 Jahren für die Solar- und vor 3 Jahren für die Windbranche schon hatten. Wir brauchen wieder ein „günstiges EEG 2.0“, so wie wir es schon hatten. EEG steht für das Erneuerbare Energien (Einspeise) Gesetz. Das hat auch die EU erkannt und eine entsprechende EU Citizen Energy Richtlinie erlassen, die die Bundesregierung leider nicht umgesetzt hat.
  2. Flächen
    Wir brauchen ja „nur“ eine Verdopplung der heute schon 30.000 Windräder. Dazu brauchen wir statt heute 1% der Landesfläche dann 2%. Diese Flächen sollten über ein 2% Ausweisungsgebot innerhalb von 12 Monaten auf F-Plan und Regionalebene ausgewiesen werden, denn im Moment reden wir von 8-10 Jahren Wartezeit. Für Solar brauchen wir übrigens auch 1-2% der Flächen z.B. Autobahnrandstreifen, sowie alle Dächer!
  3. Genehmigungen beschleunigen / Clearingstellen
    Zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren sollten wir Clearingstellen einsetzen, die im Streitfall innerhalb von 3 Monaten nach wissenschaftlichen Kriterien entscheiden.

Das sind alles Entscheidungen, die von den regierenden Parteien getroffen werden müssen. Was können wir – als einfache Bürgerinnen und Bürger – dazu beitragen, um die Energiewende voranzutreiben?

Ingo Stuckmann: Zum einen müssen wir alle den Regierenden die entscheidende Frage stellen: Warum kommen wir beim Klimaschutz nicht voran – obwohl es sich sogar rechnet?
Zweitens können viele bereits jetzt die klassische Energiewende -Strom, Wärme, Mobilität- für sich selber umsetzen und davon profitieren:
Worum geht es?
1. Eine Solaranlage aufs (Miet)Dach – rechnet sich
2. E-mobil für Fahrrad, Erst- oder Zweitwagen – ab ca. 10.000km im Jahr gilt – rechnet sich
3. Mein Haus sanieren mit Fördermitteln – rechnet sich. Und dann habe ich für 100 Jahre ein Haus (fast) ohne Heizkosten!

Ingo, willst du zum Schluss noch etwas zu dem Thema loswerden?

Ingo Stuckmann: Ich schaue mir jeden Morgen die Spatzen an, auf den Dächern, und frage mich: Wie grotesk kann es denn noch werden?! Die Bundesregierung hat seit Jahren im Klimaschutz nichts getan, obwohl Wind- und Sonnenenergie seit 2017 schon günstiger sind. NETTONULL rechnet sich! WORAUF WARTEN WIR NOCH??? Zurück zu den Spatzen: Wir alle können mithelfen, diese gute Nachricht zu verbreiten, bei Freunden und Bekannten, auf Social Media und bei Fridays for Future: NETTONULL rechnet sichworauf warten wir noch?!
Lasst es uns wie die Spatzen von den Dächern pfeifen.
Ach ja, und – wir haben keine Zeit mehr.

Mehr von Dr. Ingo Stuckmann findet ihr unter www.ingo-stuckmann.de.

Author Image
Frieda