Klimaschutz und Spaß an Mode – geht das zusammen?
Wiebke, eine Projektmanagerin aus Hamburg (z.Zt. in der Weiterbildung zur Modemanagerin) hat uns freundlicherweise hierzu einen spannenden Gast-Beitrag zugeschickt, den wir gerne mit euch teilen:
„Das Phänomen, in der Textilherstellung immer mehr Kollektionen in immer kürzeren zeitlichen Abständen herauszubringen und zu vertreiben, bezeichnet man als Fast Fashion.
Seit den frühen 00er Jahren ein Begriff, treibt Fast Fashion Jung & Alt, meist unbewusst, immer häufiger in die bekannten Modeketten und triggert mit ständig neuen Trends die Kauflust. Die Kleidungsstücke können schnell und einfach konsumiert werden, zeichnen sie sich doch zumeist durch günstige Preise, leider aber auch durch eine verkürzte Haltbarkeit auf Grund von mangelhafter Qualität aus.
Die Folge: Menschen in Deutschland kaufen rund 60 neue Kleidungsstücke pro Jahr, wobei 40% unserer Kleidung im Kleiderschrank selten bis nie getragen wird. Die Trage- und Besitzdauer von Kleidung hat sich seit 2000 halbiert. Daraus resultierend werden mehr als 1.3 Millionen Gebrauchtkleider jährlich aussortiert – eine solche Menge, dass diese in Deutschland nicht verwertet werden kann und ausrangierte Kleidungsstücke ins Ausland exportiert werden.
Aber was bedeutet das nun für unseren Planeten, die Umwelt und die Menschen?
Mode ist ein klimapolitisches Problem. Die Fashion Changers bringen dies in ihrem gleichnamigen und sehr lesenswerten Buch anhand von einigen Zahlen auf den Punkt:
- Die weltweite Textilproduktion hat sich, laut Greenpeace, von 2000 bis 2014 verdoppelt
- 8% des weltweiten CO2-Verbrauchs sind auf die Bekleidungs- und Schuhindustrie zurück zu führen, was mehr als den Flug- und Schiffsverkehr zusammen ausmacht
- 20% der industriellen Wasserverschmutzung sind, laut dem New Standard Institut, dem Färben und Behandeln von Textilien zugeordnet
- 1,5-2 Millionen Tonnen Müll entstehen in der EU pro Jahr durch ungewollte Kleidung
Dazu kommt die systematische Ausbeutung der Menschen, die die Textilien produzieren. Denn um den Mode-Wünschen der Kaufenden stets einen Schritt voraus zu sein und dem maßlosen Konsum gerecht zu werden, wird in den Fabriken non-stop gearbeitet.
Aber da wir es sind, die mit unserem Konsum einen Auslöser für diese Probleme darstellen, haben wir auch die Chance, etwas daran zu ändern. An uns liegt es, die Notbremse zu ziehen, unser Konsumverhalten zu hinterfragen sowie die Unternehmen, bei denen wir unsere Modelust befriedigen, genauer unter die Lupe zu nehmen.
Was also tun?
Zuallererst sei hier wohl gesagt, dass es den einen perfekten Weg nicht gibt. Vielmehr geht es darum, sich mit dem Thema zu beschäftigen und seinen Fokus festzulegen, um den eigenen Mode-Konsum nachhaltiger zu gestalten. Vegane Materialien, Fairness im Herstellungsprozess und natürliche und nicht erdölbasierte Materialien sind nur einige der Möglichkeiten. Eins ist klar: Nachhaltigkeit bedeutet weniger Konsum und dadurch – im Sinne des Gleichgewichts von Angebot und Nachfrage – weniger Produktion auf Seite der Unternehmen.
- Schon mit kleinen Anpassungen des eigenen Kaufverhaltens kann man einen Weg zu mehr Nachhaltigkeit finden. So ist es hilfreich, bei dem Kauf neuer Kleidungsstücke auf reine Materialien (natürlich oder synthetisch) zurück zu greifen und von Mischgeweben abzusehen. So steigt die Recycelfähigkeit.
- Ebenso sollte man bedenken, dass synthetische Stoffe beim Waschen Mikrofasern verlieren, die unsere Umwelt stark belasten. Anstatt zu häufig zu waschen, sollten Flecken lieber punktuell gereinigt werden. Muss es unbedingt der Waschgang in der Maschine sein, helfen Wäschesäcke, die verhindern sollen, dass Mikroplastikteile in die Waschmaschine gelangen.
- Und unsere aussortierte Kleidung? Die gehört nicht in den nächsten Altkleidercontainer. Es lässt sich relativ leicht recherchieren, wo gebrauchte Kleidung gebraucht und gewünscht wird. Sozialkaufhäuser, das DRK, die Caritas, die Stadtmission oder auch Second Hand Shops sind nur einige sinnvolle Anlaufstellen, bei denen man anfragen kann.
- Bevor die Kleidung aussortiert wird, probiert es doch einfach einmal mit einer kleinen Challenge und tragt eine Woche lang nur Outfits mit Kleidungsstücken, die in den letzten sechs Monaten im Schrank liegen geblieben sind. Gefallen Sie danach immer noch nicht, dürfen sie aussortiert und sinnvoll verkauft oder gespendet werden. Oder lassen sie sich vielleicht mit kleinen Upcycling-Tricks neu aufpeppen?
- Hat man dann doch einmal Lust auf neue Kleidungsstücke, dann muss man nicht gleich in das nächste Modehaus laufen. Organisiert einen Kleidertausch-Abend im Freundes- und Bekanntenkreis und lasst euch überraschen, welche Schmuckstücke hier zutage kommen!
- Nicht zuletzt hilft es, sich selbst klare Regeln aufzustellen, wie zum Beispiel maximal fünf neue Teile im Jahr zu shoppen. Tauschen und leihen sind hier super Alternativen. Und muss es etwas Neues sein, so bieten zahlreiche Second Hand Shops sowie angesagte nachhaltige Labels eine Auswahl, bei der heutzutage alle fündig werden können.
Wir alle können uns – ohne großen Verzicht – in Richtung nachhaltigen Konsum bewegen und gemeinsam unseren Beitrag zu einer besseren Welt leisten. Wichtig ist es vor allem, sich schlau zu machen und nicht gedankenlos in die nächste große Modekette hinein zu stolpern. Denn der Kauf unserer Kleidung und die Entscheidungen, die dahinterstehen, können unsere Zukunft sichern oder sie in Gefahr bringen. Wir alle sollten daher an den kleinen Stellschrauben unseres Lebens drehen und uns für mehr Nachhaltigkeit entscheiden. Zum Glück bedeutet das nicht, auf tolle Mode verzichten zu müssen.“
In der Rubrik „Bücher“ beschreibt Wiebke für euch noch einmal detaillierter das hier erwähnte Buches „Fashion Changers – Wie wir mit fairer Mode die Welt verändern können“. Schaut mal hinein, es lohnt sich!