Treibhausgasneutrale Fernwärme in Sicht?

Treibhausgasneutrale Fernwärme in Sicht?

Die Gruppe „GermanZero Braunschweig“ unterstützt das Ziel der Stadt Braunschweig, bis zum Jahr 2030 Treibhausgasneutral zu werden. Um Möglichkeiten auszuloten, wie diese Unterstützung aussehen könnte, lädt GermanZero Braunschweig zu einem Bündnistreffen am kommenden Montag, um 19:00 Uhr in die DRK Kaufbar ein. Um Anmeldung unter braunschweigzero@posteo.de wird gebeten.

Das Potential

Bei der Lektüre des Integrierten Klimaschutzkonzept 2.0 (IKSK), stieß die Gruppe auf folgende Passagen:

„Nur bei einer perspektivisch dekarbonisierten Fernwärme werden die gesamtstädtischen Klimaschutzziele erreicht.“1

„Eine Dekarbonisierung der Fernwärme besitzt ein außerordentlich hohes Potential. Hier könnten bis zum Jahr 2030 bis zu 352.000 Tonnen THG eingespart werden. Die Maßnahme hat damit einen Anteil von 76 % an den bis 2030 insgesamt durch lokale Maßnahmen realisierbaren THG-Minderungen.“2

Das bedeutet, dass die Dekarbonisierung der Fernwärme die wichtigste Maßnahme bildet, bei der Erreichung der Klimaziele.

Prima, dann kann es ja los gehen?!

BS|Energy lässt sich im IKSK 2.0 damit zitieren, es existiere ein Plan, wie das Unternehmen bis zum Jahr 2035 Treibhausgasneutral werden könnten. Zur Sitzung des Umwelt- und Grünflächenausschusses am 05. September 2023 fragte die SPD-Fraktion nach Details zu diesem Plan. Die Antwort ist hier im Ratsinfosystem nachzulesen. Sie ist vor allem deshalb ernüchternd, weil in dieser Antwort keine Zahlen genannt werden, weder zeitliche noch quantitative Ziele.

Wärmenetz Ölper

Teil der notwendigen Transformation soll wohl das Wärmenetz aus lokal erzeugten erneuerbaren Energien im Braunschweiger Stadtteil Ölper sein. Diese Teillösung wird derzeit in einer vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle geförderten Machbarkeitsstudie untersucht.

Das klingt nach Innovation. „Die jährliche Wärmeerzeugung beträgt etwa 40 Gigawattstunden (GWh). 65 Prozent der Wärmeerzeugung stammen bereits heute aus erneuerbaren Energien, etwa die Hälfte davon aus der Erzeugung mit Biogas (32 Prozent).“ ist auf der Seite von BS Energy zu lesen. Allerdings gleicht die erwartete produzierte Energiemenge die Netzverluste3 im Jahr 2022 in Höhe von 115.334 MWh gerade mal zu einem Drittel aus.

Heizkraftwerk Mitte

Die Darstellung der eingesetzten Energieträger 20224 zeigt, dass zur Erzeugung der Fernwärme im Jahr 2022 100% fossile Brennstoffe (Steinkohle: 65,5 %, Erdgas: 29,5 %, Heizöl: 5,0 %) verwendet wurden.

Erste Maßnahme, um wenigstens die Verbrennung der Steinkohle zu beenden, ist die Nutzung von Biomasse im Heizkraftwerk Mitte. Biomasse heißt in diesem Fall: Altholz. Dieser Umstand erntet viel Kritik, da es Befürchtungen gibt, es könne einerseits schwer belastetes Altholz verbrannt werden und andererseits im Notfall auf frisches Holz zurückgegriffen werden. Aber auch abgesehen davon, wird im Heizkraftwerk Mitte nicht nur Holz verbrannt. Im IKSK 2.0 ist dazu zu lesen:

„Auch nach dem Kohleausstieg im Jahr 2022, wird noch etwa die Hälfte der Energie aus dem Heizkraftwerk Mitte über fossiles Erdgas gewonnen. Dieses sukzessive zu ersetzen, ist von zentraler Bedeutung für eine klimafreundliche Fernwärmeversorgung.“5

Wie dieses Erdgas im Heizkraftwerk Mitte ersetzt werden soll, ist bisher nicht bekannt. Zwar heißt es im oben zitierten „Plan“ von BS Energy: „Zudem wird der Anschluss des HKW Mitte an die übergeordnete Wasserstoff-Infrastruktur beantragt, da die vorhandenen Gasheizkraftwerke nach entsprechenden technischen Maßnahmen mit einem großen Anteil an Wasserstoff Strom und Wärme produzieren können.“ Ob dies wirklich realistisch ist, werden wir uns in einem weiteren Beitrag genauer anschauen. Jedenfalls ist nicht zu erwarten, dass ein Kraftwerk, das gerade erst ans Netz gegangen ist, so bald wieder stillgelegt wird. Zu vermuten ist außerdem, dass die Anwendung von CCS (Carbon Capture and Storage) geplant ist. Aber auch dazu mehr in einem späteren Beitrag.

Und jetzt?

Die Stadt Braunschweig und damit die Einwohnerinnen und Einwohner haben durch den Verkauf der damaligen Stadtwerke keinen direkten Einfluss mehr auf BS Energy. Die Stadt Braunschweig hält nur noch 25.1% der Anteile. Dabei wäre zurzeit ein direkter Einfluss von großer Wichtigkeit, um die Ergebnisse der sogenannten Kommunalen Wärmeplanung direkt umsetzen zu können.

Dies hätte, neben der Vermeidung von Erdgas oder anderen fossile Brennstoffe zur Erzeugung von Strom und Wärme, folgende Vorteile:
• Handel mit Zertifikaten könnte unterbunden werden
• Versorgungsicherheit
• Preisstabilität
Ein Rückkauf der „Braunschweiger Versorgungs-AG & Co. KG„, wie BS Energy korrekt heißt, ist allerdings erst wieder im Jahr 2041 möglich.

Das Bündnistreffen

Bei dem oben beschriebenen Bündnistreffen sollen nun diskutiert werden, wie sinnvolle Maßnahmen aussehen könnten, Treibhausgasneutralität in absehbarer Zukunft doch noch möglich zu machen.

  1. Quelle: IKSK 2.0, S. 104 ↩︎
  2. Quelle: IKSK 2.0, S. 104 ↩︎
  3. Quelle: https://www.bs-energy.de/produkte/waerme/unsere-fernwaerme/ ↩︎
  4. Quelle: https://www.bs-energy.de/produkte/waerme/unsere-fernwaerme/ ↩︎
  5. Quelle: IKSK 2.0, S.103 ↩︎
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Paula