Der laute Frühling

Der laute Frühling

Am 4. August startete ein neuer Film in den Kinos „Der laute Frühling – Gemeinsam aus der Klimakrise“. Die Regisseurin und Produzentin Johanna Schellhagen hat sich der Frage gewidmet, wie und durch welche Mittel eine Klimakatastrophe verhindert werden kann. Dazu arbeitet sie mit dokumentarischen Szenen über Streiks und soziale Aufstände weltweit und interviewt Aktive aus der aktuellen Klimabewegung und aus der Wissenschaft. Die Zusammenstellung führt schnell zu der Erkenntnis, die auch in der Klimabewegung bereits um sich greift: Der notwendige Wandel wird uns nicht ans Sofa gereicht, wir werden ihn uns auf der Straße erkämpfen müssen.

Spannend wird der Film durch die dokumentarischen Filmsequenzen und die utopischen Animationen. Ermöglicht wurde dieser Stil-Mix durch das Berliner Frauenkollektiv labournet.tv und die „Graphic Novel“-Zeichnerin Lee Lai.

Trotz dieser interessanten Herangehensweise und dieses wichtigen Themas sind die Reaktionen auf den Film kontrovers. Den einen fehlt ein schlüssiges Rezept zum Erreichen der dargestellten Utopie einer klimaneutralen Gesellschaft. Die Braunschweiger Zeitung sieht in dem Film sogar einen Aufruf zur Revolution.

Dabei trifft diese Kritik einen Punkt, der auch innerhalb der Klimabewegung kontrovers diskutiert wird: Wenn der bisherige Druck auf Politik und Gesellschaft nicht ausreicht, was sind dann die richtigen Mittel, um noch rechtzeitig ein Umdenken zu erreichen, wie weit kann oder muss sozialer Ungehorsam gehen, welche Aktionsformen sind der drohenden Klimakatastrophe angemessen und können den erforderlichen Wandel antreiben?

Die Verzweiflung, die junge Menschen in immer drastischere Aktionen treibt, ist dabei leider nachvollziehbar. Viel schneller als erwartet befinden wir uns schon jetzt mitten in der angedrohten Klimakrise mit allem, was in den letzten Jahrzehnten mahnend in Aussicht gestellt worden ist: Energiekrisen, Wassermangel, Hungersnöte, Waldbrände, ausgetrocknete Flüsse und gefährliche Extremwetterlagen, um nur einige Beispiele zu nennen. Ab jetzt zählt jedes weitere Zehntel Grad Erderwärmung, dennoch steigt der CO2-Ausstoß weltweit ungehindert an. Die Klimabewegung hat bisher viel erreicht, konnte aber mit den bisherigen Bemühungen nicht die notwendigen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Veränderungen bewirken.

Vor diesem Hintergrund ist es vielleicht gar nicht mehr die Frage, welche der vielfältigen und oftmals sehr kreativen und aufwändigen Organisations- und Aktionsformen der jungen Klimabewegung wirkungsvoll oder legitim oder angemessen oder zielführend ist. Wir brauchen massive politische Veränderungen – und zwar jetzt. Uns mit kleinen Schritten einem nachhaltigen Leben anzunähern, ist – wie wichtig die Veränderungen im Privaten auch sind und wie notwendig, alle mitzunehmen und mitzudenken – längst nicht mehr ausreichend.

Es ist höchste Zeit, darüber zu reden, warum wir als Eltern- und Großelterngeneration immer noch zum allergrößten Teil – den wissenschaftlichen Erkenntnissen und den Katastrophen vor unseren Haustüren zum Trotz – in unserem gewohnten Trott verharren und die unaufhaltsame Erderwärmung stillschweigend hinnehmen. Ungerührt leben die industriellen Gesellschaften weiter auf Kosten des globalen Südens und auf Kosten künftiger Generation – und mehr und mehr auch auf Kosten der eigenen Gesundheit, Sicherheit und Zukunft.

Ich würde mir wünschen, dass der Film „Der laute Frühling“ eine Auseinandersetzung über diese Diskrepanz zwischen Wissen und Handeln anstößt und mehr Menschen ermutigt, aktiv, laut und gemeinschaftlich für eine klimagerechte Zukunft und den Erhalt unserer Lebensgrundlagen zu kämpfen.

Wer neugierig geworden ist, hat noch am Sonntag, 14.8.22 um 15.15 Uhr die Gelegenheit, den Film „Der laute Frühling“ im universum Filmtheater zu sehen.
Hier findet ihr  den Trailer: https://www.youtube.com/watch?v=H7uJQNM3ieg
Weitere Infos unter https://de.labournet.tv/project/der-laute-fruehling

Blog-Bild: Pressebild Lee Lai

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Frieda